Mehr als Einbildung - die Wirkungsweise der Hypnose

Nachdem einige Vorurteile bezüglich der Hypnose ausgeräumt sind, nun einige Erklärungen zur Wirkungsweise der Hypnose und der  therapeutischen Trance. Diese Frage stellen sich viele Menschen, weil gerade die Frage nach der Erfolgsaussicht damit verbunden ist. Ich formuliere es daher ein wenig platter: Ist Hypnose nur Einbildung?

Wirkungsweise der Hypnose basiert auf wissenschaftlich nachvollziehbaren Vorgängen Der Segen der modernen Medizin ist eben auch mit einer stringenten Beweisführung verbunden, die ohne objektive Fakten nicht auskommt. Offensichtlich fällt es den Menschen unserer Zeit infolgedessen schwer in Dinge zu vertrauen, die sie nicht anfassen oder zumindest sehen können. Daher habe ich mich entschlossen, einige Erkenntnisse wissenschaftlicher Forschung zur Wirkungsweise der Hypnose auf meiner Homepage für Sie zusammenzutragen. Es gibt allerdings noch keine vollständige Theorie, die Hypnose umfassend erklärt und Erfolge vorhersagen kann. Dies liegt darin begründet, dass Hypnose eng mit der Funktion unseres Zentralnervensystems verbunden ist, welches hochkomplex und in seiner Funktion nur unvollständig verstanden ist.

Für alle, für die die Kurzversion ausreichend ist: Hypnose funktioniert deswegen, weil sie eine dritte Wirkkraft anspricht  – das Unbewusste. Unter Einbeziehung dieser Instanz wird es zwar nicht ohne die Mitwirkung des Klienten gehen, aber dem Klient steht mit dem Unterbewusstsein ein sehr mächtiges Werkzeug zur Verfügung, welches die Arbeit erleichtert. Prof. Dr. Revenstorf erklärt im hier verlinkten Video recht plastisch und praxisnah aus seiner Erfahrung die Wirkungsweise .

Einige Fakten über die bekannten Wirkmechanismen von Hypnose

Für alle, die ein wenig mehr über die Wirkungsweise der Hypnose wissen wollen nachfolgend einige ergänzende Bemerkungen. Da es sich im Folgenden nicht um eine wissenschaftliche Abhandlung handelt, habe ich von Quellenangaben abgesehen, sondern versuche die Dinge informativ für medizinisch interessierte Leser darzustellen.

  • Lernvorgänge

    Ein ganz wesentlicher Punkt ist, dass der gesamte hypnotische Prozess auch durch die bekannten Lernmodelle beschrieben werden kann – also das klassische sowie das operante Konditionieren. Dies spielt u.a. bei der hypnotherapeutischen Behandlung von Ängsten eine Rolle, wenn durch Habituation eine Gewöhnung an die angstauslösende Situation erfolgt und in der Folge die Angstreaktion ausbleibt (Optimierungsprinzip). Zudem erfolgen Lernvorgänge auch unbewusst – man spricht auch vom impliziten Lernen/Gedächtnis. Gerade für Sportler ist dies interessant, wenn es um das Erlernen von Bewegungsabläufen, reflexartigen Reaktionen, Bewegungsautomatisierung und Priming geht (Vorprägung auf gewisse Situationen), weil implizite Lerninhalte zwar nicht bewusst ansteuerbar sind, aber dennoch schnell aus dem sog. „Muskelgedächtnis“ abgerufen werden.

  • Messbare Effekte in der Physiologie des Gehirns

    Mittels Elektroenzephalogramm (EEG) lassen sich unter hypnotischer Trance deutlich veränderte Wellenmuster in der Hirnstromaktivität nachweisen. Einen wesentlichen Anteil haben dabei Alpha-Wellen und Theta-Wellen. Alpha-Wellen (<14-8Hz) sind typisch für eine gelöste und wache Stimmung mit bewusster Wahrnehmung bei Tagträumereien und Vorstellung aller Sinnesqualitäten. Sie sind das Tor des Bewusstseins zur Meditation. Meditation wird sehr stark durch Theta-Wellen (<8-4Hz) repräsentiert – wie übrigens auch der Traumschlaf (REM). Die regionale Hirndurchblutung (rCBF) ist Hinweis auf Ihre Aktivität des Gehirns und kann mittels moderner bildgebender Verfahren dargestellt werden. Durch Positronen-Emissions-Tomographie (PET) wurde der Sauerstoffverbrauch im Gehirn während hypnotischer Trance gemessen und es gibt Belege dafür, dass beispielsweise im Okzipital-Lappen (Hinterhauptslappen) ein starker Anstieg der rCBF  erfolgt und auf starke visuelle Suggestionen hindeutet.

  • Veränderung des Immunstatus

    Dass sich die Psyche auf das Immunsystem auswirkt, darf als gesichert gelten. Durch Hypnose lässt sich dieser Prozess beeinflussen. So sind Blutbildveränderungen nachgewiesen hinsichtlich der Lymphozyten, der T-Helfer-Zellen sowie Veränderungen des Immunglobulins (IgA) im Speichel. Auch wurde in Laborversuchen gezeigt, dass sich durch positive Suggestion in hypnotischer Trance die Haftfähigkeit von Granulozyten verbessert wird. Eine Pilotstudie zu häufig rekurrierenden genitalen Herpes simplex Virus (rgHSV) konnte zeigen, dass sich für Patienten unter hypnotherapeutischer Behandlung das klinische Bild verbesserte. Auch die Laborwerte weisen auf eine deutliche Verbesserung hin (signifikanter Anstieg der NK-Zellen und der HSV-spezifischen Lymphokin-aktivierten Killer-Aktivität).

  • Überempfindlichkeits- und Hypersensitivitätsreaktionen – kurz gesagt Allergien

    Bei Patienten mit Asthma und/oder Heuschnupfen konnte in einer Studie gezeigt werden, dass unter hypnotischer Suggestion eine Verringerung der Reaktion auf Pollen und Hausstaub (Histamin-Prick-Test) erfolgte. Auch klinische Studien an Asthmatikern konnten einen signifikanten Rückgang von Atemnotfällen nachweisen, der auch noch nach drei bzw. sechs Monaten anhielt. Eine andere Studie an Asthmatikern zeigt eine signifikante Abnahme der Hypersensitivität auf Methacholin und eine verbesserte peak expiratory rate (Atmungsfunktion). Eine Studie zur atopischen Dermatitis (Neurodermitis) zeigt nach hypnotherapeutischer Behandlung einen signifikanten Rückgang der subjektiven Symptome (Juckreiz, Kratzen etc.), welche über einen Zeitraum von zwei Jahren Bestand hatte.

  • Posthypnotische Suggestionen

    Von posthypnotischer Suggestion spricht man, wenn Suggestionen über den hypnotischen Trance-Zustand hinaus gegeben werden, so dass sie ihre Wirkung auch nach Beendigung der Hypnose-Sitzung entfalten. In Studien wurden stabile Effekte beobachtet. So wurde über acht Jahre ein Patient mit Multipler Sklerose (MS) mit hypnotischer Imagination und posthypnotischen Suggestionen behandelt. Es wurde eine verbesserte Schmerzkontrolle, verbesserte Sitzbalance, weniger Doppelbilder und eine Rückkehr der Bewegungsfähigkeit festgestellt. Positive Effekte der posthypnotischen Suggestion wurden auch in Fallstudien über sexuelle Störungen, Schlafstörungen, Angststörungen, Operationsvorbereitung und akute und chronische Schmerzen geschildert.

  • Posthypnotische Amnesie

    Posthypnotische Amnesie liegt vor, wenn sich der Klient nicht mehr an bestimmte Inhalte oder deren Herkunft aus der hypnotischen Trance erinnern kann. Dieses Element kann genutzt werden, wenn es sinnvoll erscheint, den Klienten zu einem gewissen Zeitpunkt vorübergehend vor seinen eigenen Erkenntnissen aus der Trancesitzung abzuschirmen. Auch hier vermuten verschiedene Autoren die Nutzung kortikaler Hemmungsprozesse, die als top-down Mechanismus auf die Gedächtnisfunktion im Hippocampus zugreifen und diese beeinflussen.

  • Schmerzwahrnehmung

    Die Linderung (Analgesie) oder Ausschaltung (Anästhesie) von chronischen oder akuten Schmerzen sind ein ganz zentrales Feld in der Hypnose und einer der Hauptbeweggründe für viele Patienten, sich für ein Hypnoseverfahren zu entscheiden. In meiner praktischen Arbeit nutze ich ähnliche Techniken bei der lokalen Anästhesie im Rahmen zahnärztlicher Behandlungen. Beispielsweise war die Präparation einer kompletten Unterkieferfront durch Beschleifen ohne lokale Betäubung durch den Zahnarzt möglich, nachdem ich die Patientin in tiefe Trance versetzt hatte.

    Sehen Sie zur Schmerzausschaltung auch ein eindrucksvolles Beispiel der tranceinduzierten Anästhesie bei einer Schlüsselbein-Operation.

    Zur Linderung oder Ausschaltung der Schmerzwahrnehmung wurden Trance-Techniken seit Jahrtausenden eingesetzt. Heute gibt es klinische Studien, die den Effekt der hypnotischen Schmerzkontrolle nachweisen und vom Ruf der Quacksalberei befreit haben. Hypnotische Schmerzkontrolle wurde häufig mit Placebo- und Aufmerksamkeitseffekten, Entspannungssuggestion oder Endorphinausschüttung erklärt.

    Laborversuche haben daran aber begründete Zweifel aufkommen lassen und eine andere Erklärung präferiert. Placebo- und Aufmerksamkeitseffekte waren in Laborsituationen einer Analgesie-Suggestion in der Schmerzlinderung eindeutig unterlegen. Ebenso konnte gezeigt werden, dass nicht etwa die Ausschüttung von körpereigenen Opiaten (Endorhpinen) eine Schmerzreduzierung verursacht. Dazu wurde versucht, durch Gabe eines Morphinantagonisten (Naloxon) die hypnotische Analgesie aufzuheben. Es wäre zu erwarten gewesen, dass die Endorphine dadurch in ihrer Wirksamkeit aufgehoben würden. Dies trat jedoch nicht ein, so dass die hypnotische Schmerzreduzierung nicht auf den tranceinduzierten Ausstoß von Endorphinen zurückgeführt werden kann.

    Im Augenblick wird wissenschaftlich die Theorie diskutiert, dass durch suggestiv induzierte Dissoziation der anteriore frontale Kortex aktiviert wird, was durch erhöhten rCBF (regionaler cerebraler Blutfluß) in diesem Bereich bereits nachgewiesen wurde. Der anteriore frontale Kortex steuert demnach über komplexe Verschaltungen kortikale und subkortikale Bereiche des Gehirns – so beispielweise zwischen Thalamus und Kortex. Durch den Thalamus verlaufen alle sensorischen Informationen (mit Ausnahme der olfaktorischen) bevor sie zum Kortex verschaltet werden, also auch die nozizeptiven Reize (Schmerzreize). Der Thalamus gilt daher auch als das „Tor zum Bewusstsein“.

    Dissoziation wäre demnach die Fähigkeit des menschlichen Gehirns (anteriorer frontaler Kortex), diesen Prozess auch rückwärtig zu beeinflussen, so dass Schmerzwahrnehmungen und Schmerzerinnerungen vom Bewusstsein abgekoppelt werden (dissoziieren). Man spricht auch von sog. „top-down-Mechanismen“, die eventuell sogar bis in die Verschaltung ins Rückenmark hineinreichen.